Walcker-Orgel

Die Orgel wurde 1961 von der Ludwigs-burger  Orgelbaufirma Walcker unter der Opus  Nr. 4097 mit 39 Registern auf  drei  Manualen und Pedal hergestellt und  1962 in  der Trinitatiskirche eingebaut.  Einweihung  war am 13. Mai 1962.  Das Werk besitzt  einen offenen  Orgelprospekt,  mit sichtbaren konstruktiven Elementen.
Der Vorgängerbau der  Orgelbaufirma Sauer aus Frankfurt/O.  wurde im  Zweiten Weltkrieg leicht beschädigt, aber nach dem Krieg durch Plünderungen verwüstet, so dass eine  Restau-rierung unmöglich schien.  Im  Jahr  2016 (von Januar bis Mai)  wurde die Walcker-Orgel grundlegend von der Potsdamer Orgelbaufirma Schuke restauriert und im Blick auf die musi-kalische Praxis in der Gemeinde durch Einbau einer Setzeranlage mit  entsprechender Registerschaltung im  Spieltisch und den Einbau eines vierten Manuals mit einer MIDI-Expander- Beschallungsanlage erheblich erweitert, so  dass zusätzliche, andere als die orgeltypischen Klänge zur Verfügung stehen. 
Die Orgel wurde mit einem  festlichen Konzert am 5.  Juni 2016 wieder in  Dienst gestellt.

 

   Disposition der Walcker-Orgel
 

  

   I. Manual Kronpositiv (KP) C-g‘‘‘
   22. Holzgedackt 8’
   23. Nachthornprinzipal 4’
   24. Rohrpfeife 2’
   25. Quintflöte 1 1/3’
   26. Oktave 1’
   27. Zimbel 3 f.
   28. Krummhorn 8’
  Tremulant

 

 

II. Manual Hauptwerk (HW) C-g‘‘‘
13. Gedacktpommer 16’
14. Prinzipal 8’
15. Koppelflöte 8’
16. Oktave 4’
17. Rohrflöte 4’
18. Quinte 2 2/3’
19. Prinzipal 2’
20. Mixtur 5-6 f.
21. Trompete 8’

 

   III. Manua l Schwellwerk (SW) C-g‘‘‘
  1. Spitzgambe 8’
  2. Rohrgedackt 8’
  3. Prinzipal 4’
  4. Trichtergedackt 4’
  5. Kleinoktave 2’
  6. Nasard 2 2/3’
  7. Terz 1 3/5’
  8. Sifflöte 1’
  9. Scharff 4-5 f.
  10. Rankett 16’
  11. Schalmey 8’
  12. Trompete 4’
  Tremulant

Pedal (Ped) C-f’
29. Prinzipal 16’
30. Subbass 16’
31. Prinzipal 8’
32. Gemshorn 8’
33. Rohrquinte 5 1/3’
34. Blockflöte 4’
35. Spitzflöte 2’
36. Mixtur I 3 f.
37. Mixtur II 2 f.
38. Posaune 16’
39. Trompete 8

 

 

  IV. Manual MIDI-Klaviatur


  6 Normalkoppeln:
  SW-HW, KP-HW, SW-KP, SW-Ped, HW-Ped, KP-Ped, Setzer mit 10.000 Speicherplätzen

Erläuterungen zur Disposition der Orgel

Für diejenigen, denen die vorgenannten Angabe noch fremd sind, möchte ich einige grundlegende Eläuterungen geben:

Die aufgeführten Register sind bautechnisch und in der Größe unterschiedliche Pfeifentypen, die verschiedene Klangfarben hervorbringen. Ein Register hat so viele Pfeifen, wie das betreffende Manual Tasten, insgesamt hat
unsere Orgel damit 2.604 Metall- und Holzpfeifen. Durch alle möglichen Kombinationen der 47 Register (Pfeifen, Koppeln und Tremulanten) lassen sich über 140 Billionen (exakt 140.737.488.355.328) Klangfarben erzeugen
– erstaunlich, nicht wahr?

Metallpfeifen klingen heller und härter, Holzpfeifen dunkler und weicher. Lippenpfeifen (Labialpfeifen) erzeugen den Ton wie eine Blockflöte: Der Luftstrom wird an einer scharfen Kante geteilt, die Verwirbelungen innerhalb der Pfeife bringen ihre Luftsäule zum Schwingen, es entsteht ein flötenartiger Klang. Bei Zungenpfeifen (Lingualpfeifen) trifft der Luftstrom auf ein kleines, federndes Metallplättchen, das zum Schwingen gebracht wird, ähnlich wie z. B. bei einer Klarinette (einfaches Rohrblatt). Ihr Klang ist eher näselnd und  schnarrend.

Die Angabe neben dem Namen des Registers ist die Fußzahl, also die Größe der Pfeife (in Fuß gemessen); sie steht für die Oktavlage des Klangs. Je kleiner die Pfeife, desto höher der Klang. 8’ (sprich: „Acht Fuß“) ist die normale Oktavlage, wie sie auch in den Noten steht, 4’ klingt eine Oktave höher, 2’ zwei Oktaven höher usw., 16’ ist eine Oktave tiefer.

Die Angabe „3 f.“ (= dreifach), z. B. bei der Mixtur, bedeutet, dass auf einer Taste drei verschiedene Pfeifen gleichzeitig erklingen. Dieses Register ist für den typischen Glanz einer Kirchenorgel verantwortlich.

Ein Tremulant ist eine zuschaltbare elektrische Einrichtung, die den Luftstrom in die Pfeifen des gespielten Manuals periodisch wechselweise anhebt und absenkt. Es entsteht ein schwingender Vibrato-Effekt des Tons, wie er z. B. von Blasinstrumenten her bekannt ist. Eine Melodiestimme kann dadurch natürlicher klingen. Die Register im Schwellwerk stehen, räumlich abgetrennt, hinter einer Holzwand, deren Lamellen über ein Fußpedal (ähnlich wie das Gaspedal im Auto) geschlossen werden können. Dadurch klingen alle diese Pfeifen leiser und indirekter. Der „Schweller“ kann auch während des Spielens eingesetzt werden, wodurch ein echtes Decrescendo bzw. Crescendo erreicht wird. Und es gibt noch sogenannte Koppeln, die das Spielen aller Register eines Manuals mit einem anderen Manual oder / und dem Pedal ermöglichen. Bei einem einzigen vollgriffigen Tutti, wie beim letzten Akkord auf der CD, klingen etwa 500 Pfeifen!

Die Walcker-Orgel wurde von der Firma Schuke saniert. Über einen längeren Zeitraum wurden alle Pfeifen ausgebaut und gereinigt, die Elektrik ersetzt, alte Bauteile erneuert und vieles mehr. Neu ist auch die sogenannte Setzer-automatik: Es können Registrierungen vorprogrammiert werden, die dann während des Spielens auf Knopfdruck abgerufen werden. So lässt sich die Registrierung der gesamten Orgel innerhalb des Bruchteils einer Sekunde komplett ändern.

Bei einer Orgelsanierung ist nicht nur handwerkliche Präzision der Orgelbauer gefragt, sondern auch die nötige Erfahrung, um sich einer Orgel so anzunehmen, dass ihr individueller Charakter erhalten und gefördert wird. Das Warten hat sich gelohnt: Im Konzert anlässlich ihrer Wiederindienstnahme am 5. Juni 2016 erstrahlte die Orgel in ihrem alten Glanz. Doch halt, nicht nur im alten Glanz! Das Besondere ist das neu eingebaute vierte Manual. Es ist eine Klaviertastatur, die über MIDI einen Klangcomputer ansteuert und damit die Klangfarbenpalette der Orgel deutlich erweitert. Falls Sie MIDI (= Musical Instrument Digital Interface) nicht kennen: Vom Spieler werden live über die Tastatur alle Spiel-Informationen an den Computer weitergeleitet, also wann welche Taste wie stark angeschlagen und wie lange gehalten wird. Über diese Steuerungsdaten wird der voreingestellte Klang vom Computer entsprechend abgerufen. Die Computerklänge werden dann über eine Lautsprecheranlage, die direkt ins Orgelgehäuse eingebaut wurde, parallel zu den Pfeifenklängen live gespielt.

Wir sind gespannt, ob Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, herausbekommen, welche Klänge der CD auf dem vierten Manual gespielt wurden... Die Raumakustik in der Trinitatiskirche ist wie geschaffen für unsere Walcker-Orgel. Insbesondere der Nachhall ist dafür verantwortlich, dass sich beides, Raum und Musik, zu einem Klangerlebnis ersten Ranges verbindet. Sowohl im Gottesdienst als auch im Konzert, sowohl live als auch hier auf CD, sowohl Bach als auch Pop: Es scheint, als könnten uns die vielfältigen Farben und Stimmungen, die Schattierungen und Nuancen,
das kraftvolle Tutti und die fast zärtlichverspielten, sich ins Ohr schmiegenden Klänge wirklich in eine andere Welt entführen. Aber was soll ich hier noch weiter in Worten schwärmen ... Hören Sie sich einfach unsere CD an und genießen Sie die musikalische Visitenkarte der Trinitatiskirche Charlottenburg!
Michael Schütz